Die Anwaltschaft braucht das beA

Der Anwaltsgerichtshof (AGH) Berlin hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens entschieden, dass die BRAK das beA (besonderes elektronische Anwaltspostfach) nicht wie geplant am 29. September 2016 freischalten darf.

Grund: Es gebe zwar eine gesetzliche Grundlage für das beA mit § 31a BRAO, aber keine Grundlage, das beA für jeden in Deutschland zugelassenen Rechtsanwalt ab diesem Tag empfangsbereit zu schalten. Die BRAK hat nun entschieden, die Schaltung bis zum Hauptsacheverfahren auszusetzen.

Nachdem das beA aufgrund technischer Probleme schon einmal vom 01.01.2016 auf den 29.09.2016 verschoben wurde, ist diese Entwicklung sehr schade und gefährdet die dringnd notwendige Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs in der Justiz und Anwaltschaft.

Die Anwaltschaft braucht das beA unbedingt, um in der Gegenwart anzukommen. Schriftsätze müssen heute noch per Fax versendet werden, damit diese frist- und formgerecht sind. Dies ist nicht mehr zeitgemäß. Die deutschen Rechtsanwälte sind damit eine der letzten Berufsgruppen auf der Welt, die ein Faxgerät nutzen. Dies ist unkomfortabel, unsicher und antiquiert.

Ursprünglich sollte das beA freigeschaltet werden, bevor der Zugang bei den meisten Gerichten eröffnet wird. Wenn das beA noch länger dauert, hängt sogar die oft in Sachen Technik nicht sehr fortschrittliche Justiz die Anwaltschaft ab.

Die Gegner des beA verzögern damit eine notwendige Entwicklung. Und novh eine Botschaft an die Gegner aus den Reihen der Syndikusanwälte: Man kann sich nicht nur die Rosinen rauspicken – Wer von den Rechten der Anwaltschaft profitieren möchte, muss auch an den Pflichten partizipieren.

In eigener Sache: Neues Blog-System und Design!

Aufmerksame Leser werden es bemerkt haben: Seit gestern Abend setze ich als neues Blog-System das weitverbreitete WordPress ein. Im Zuge dessen gibt es ein neues Design für diesen Blog. Die Seite ist responsive, d.h. sie passt sich an die unterschiedlichen Bildschirmgrößen an. Besonders schätze ich an dem neuen System, dass WordPress sehr offen und erweiterungsfähig ist. Der bisher eingesetzte Dienst Blogger ist hier deutlich geschlossener und nicht so flexibel.

Bitte beachten Sie: Die Adresse des RSS-Feeds hat sich geändert; eine Anpassung in JuraBlogs und JurUpdate, einem ähnlichen, neueren Dienst, ist bereits erfolgt.

Da das System nicht mehr auf der Google-Plattform läuft und von mir selbst gehostet wird, liegt sie nun nicht mehr auf US-amerikanischen Servern, sondern in Deutschland.

Ich freue mich auf Kommentare zu dem neuen Design. Verbesserungswünsche sind willkommen.

Warum die Störerhaftung eben doch nicht abgeschafft wurde

Derzeit schreiben die Medien, die Störerhaftung sei abgeschafft worden. Die stimmt aus zweierlei Gründen nicht: Erstens meinen die Medien damit die Störerhaftung im Internet und nicht die Störerhaftung generell. Das Rechtsinstitut der Störerhaftung gibt es auch in anderen Bereichen als dem Internetrecht und ist in diesen Bereichen durchaus auch sinnvoll und wichtig. Zweitens ist aber auch die Störerhaftung im Internet nicht abgeschafft worden. Die Aussage ist damit also generell falsch.

Richtig ist, dass der Bundestag beschlossen hat, einen neuen Absatz 3 in § 8 Telemediengesetz (TMG) aufzunehmen. Dieser lautet:

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Diensteanbieter nach Absatz 1, die Nutzern einen Internetzugang über ein drahtloses lokales Netzwerk zur Verfügung stellen

Damit wird aber die Störerhaftung im Internet gerade nicht abgeschafft. Es wird damit zwar klargestellt, dass § 8 TMG auch für die Anbieter eines WLANs gilt – egal ob privat oder kommerziell betrieben – allerdings hat dies nur klarstellenden Charakter. Man konnte bereits vorher § 8 TMG auf diese anwenden, wobei allerdings strittig war, ob zum Beispiel ein privater Anschlussinhaber auch Diensteanbieter im Sinne des § 2 S. 1 Nr. 1 TMG ist.

Die Störerhaftung wurde damit aber gerade nicht abgeschafft, da die Haftungsprivilegien des Telemediengesetzes gerade nicht für Unterlassungsansprüche gelten. Eine Abmahnung ist damit also weiterhin möglich; lediglich ein Schadensersatzanspruch wird damit ausgeschlossen. Wenigstens in dieser Hinsicht haben WLAN-Anbieter nun einen Vorteil im Vergleich zur früheren Rechtslage.

Ursprünglich war allerdings geplant, auch einen Absatz 4 in § 8 TMG einzuführen, der gerade auch Abmahnungen unmöglich machen sollte. Hier verweise ich auf den sehr guten Artikel meines Kollegen Thomas Stadler. Er bezeichnet das neue Gesetz letztlich als „Mogelpackung“ und hat damit leider recht.

Wünschenswert wäre in der Tat der ursprünglich geplante Absatz 4 gewesen. Hier hat der Gesetzgeber wohl zu sehr die Interessen der Abmahnindustrie und der Musikindustrie berücksichtigt und sich nicht getraut, den Absatz 4 wirklich einzufügen. Ob sich mit der jetzigen Regelung wie ursprünglich gewollt mehr freie WLANs in Deutschland durchsetzen, ist aber fraglich.